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1 plus 1 macht 2

Low Code verspricht die Vereinfachung der Softwareproduktion, künstliche Intelligenz die Steigerung der Developer Productivity. Was passiert, wenn man beide kombiniert?
© EMGenie

Die Nachfrage nach neuen digitalen Produkten und Dienstleistungen in Unternehmen nimmt weiter zu, so auch der Druck, überzeugende Softwarelösungen zu liefern. Kein Wunder also, dass künstliche Intelligenz (KI), die vor allem enorme Produktivitätsgewinne verspricht, in der Softwareentwicklung für Aufsehen sorgt. Doch wer bereits mit KI gearbeitet hat, weiß: Zwischen Potenzial und Praxis klafft eine Lücke. Komplexität und fehlende Standards machen KI-Projekte oft zur Herausforderung – selbst für erfahrene Entwickler. 

Genau hier setzen moderne Low-Code-Plattformen an. Sie abstrahieren wiederkehrende Muster, stellen KI-Funktionalitäten als modulare Bausteine bereit und vereinfachen die Integration in bestehende Systeme. Das schafft Raum für das Wesentliche: die Entwicklung durchdachter Anwendungen – mit sinnvoll eingesetzter Intelligenz. Doch wie sieht das konkret aus, und welche Chancen kann Low-Code, im Besonderen die Plattform des Siemens-Unternehmens Mendix, in der Softwareentwicklung und in KI-Projekten eröffnen?

Wie KI die Softwareentwicklung revolutioniert

Softwareentwicklung befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Künstliche Intelligenz wird längst nicht mehr nur als Assistenztechnologie eingesetzt, sondern beginnt aktiv in Entwicklungsprozesse einzugreifen. Generative KI-Tools wie ChatGPT oder GitHub Copilot schlagen Code vor, erkennen Fehler und generieren vollständige Funktionsblöcke. Sie übernehmen zunehmend operative Aufgaben, die bisher ausschließlich von Entwicklern geleistet wurden. Dieser Wandel ist nicht nur spürbar, sondern messbar. Laut Gartner werden bis 2027 rund 70 Prozent der professionellen Entwickler KI-gestützte Codierungswerkzeuge nutzen; heute liegt dieser Anteil noch bei unter zehn Prozent. Das zeigt deutlich: KI-basierte Softwareentwicklung wird in den kommenden Jahren zum Standard werden.

Mit dem Einzug von KI in die Softwareentwicklung verändert sich aber nicht nur das Tempo, sondern auch die Art zu arbeiten. Entwickler beschreiben Anforderungen in natürlicher Sprache, entwerfen Oberflächen grob per Skizze und definieren Strukturen auf konzeptioneller Ebene. Die konkrete Umsetzung übernimmt zunehmend die KI. Dadurch wandelt sich die Rolle des Entwicklers: Sie wird strategischer und konzentriert sich stärker auf Steuerung, Qualitätssicherung, Integration und Skalierung. Gleichzeitig bringt dieser Wandel neue Anforderungen mit sich. Die komplexen KI-Strukturen müssen nachvollziehbar, kontrollierbar und sicher eingebunden werden. Es braucht klare Prozesse, verlässliche Governance und die Fähigkeit, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, ohne dabei an Geschwindigkeit zu verlieren.

Low Code bietet für diese Herausforderungen die passende Antwort. Es reduziert die technische Komplexität, macht KI-Technologien zugänglich und unterstützt eine strukturierte Umsetzung. Durch visuelle Modellierung, wiederverwendbare Komponenten und integrierte KI-Funktionen lassen sich intelligente Anwendungen schnell und skalierbar realisieren.

Was ist Mendix?

Die Low-Code-Plattform von Mendix ermöglicht es Unternehmen, Anwendungen deutlich schneller und effizienter zu entwickeln als mit klassischen Entwicklungsansätzen. Im Zentrum steht ein visuelles Modellierungskonzept, das die Erstellung von Benutzeroberflächen, Geschäftslogik und Datenstrukturen in einer eigenen grafisch integrierten Entwicklungsumgebung vereint. Entwickler gestalten mithilfe von „Mendix Studio Pro“ Prozesse über Drag and Drop, konfigurieren UI-Komponenten und verknüpfen sie mit Datenmodellen und Logikbausteinen. 

Technische Komplexität wird reduziert, ohne die Kontrolle über die Architektur oder das Verhalten der Anwendung zu verlieren. Dadurch lassen sich sowohl einfache Tools als auch geschäftskritische Anwendungen bis zu zehnmal schneller umsetzen als mit herkömmlicher Softwareentwicklung. Unterstützt wird der gesamte App-Development-Lifecycle von der Anforderungsaufnahme über Entwicklung und Testing bis hin zum Deployment und Betrieb. Integrierte Collaboration-Tools und CI-/CD-Funktionen ermöglichen es, Anwendungen kontinuierlich zu optimieren und an veränderte Anforderungen anzupassen. Mendix beschränkt sich hierbei nicht nur auf vordefinierte Bausteine. Auch individuelle und komplexe Anforderungen lassen sich flexibel und effizient umsetzen. Besonders für .NET-Entwickler bietet die Plattform großen Mehrwert, da sie ihr vorhandenes Know-how gezielt einbringen können. 

Bestehende .NET-Backends lassen sich problemlos anbinden, Azure Functions integrieren oder eigene C#-Logik über APIs einfügen. Gleichzeitig basiert Mendix auf vertrauten Konzepten wie REST-Schnittstellen, Git für die Versionskontrolle und einem grafischen Domänenmodell, das dem Entity Framework ähnelt. Die enge Integration in das Microsoft-Ökosystem, einschließlich Azure DevOps, Active Directory und Microsoft 365, wird von Mendix umfassend unterstützt. In Kombination mit KI-gestützten Funktionen entsteht auf diese Weise eine moderne, leistungsstarke Entwicklungsumgebung, in der visuelles Modellieren und klassisches Coding harmonisch zusammenarbeiten.

Schneller zu smarten Anwendungen mit Low Code und KI 

Low Code ist jedoch nicht nur eine moderne Entwicklungsmethode, sondern gleichzeitig ein zentraler Enabler für den praktischen Einsatz künstlicher Intelligenz. Am Beispiel von Mendix zeigt sich, wie Low Code den Zugang zu KI vereinfacht und deren produktive Nutzung erleichtert. Zum einen unterstützt die Plattform die Entwicklung direkt durch KI-gestützte Entwicklung. Zum anderen ermöglicht sie es, Anwendungen mit integrierter KI deutlich schneller und strukturierter zu realisieren.

 

KI-gestützte Entwicklung

Insbesondere bei der Entwicklung von Software zeigt sich, wie stark KI den Alltag von Entwicklerteams verändern kann, wenn die richtigen Werkzeuge vorhanden sind. Low-Code-Plattformen bieten hier ideale Voraussetzungen, da sie Entscheidungen, Strukturen und Logik visuell abbilden. Das schafft nicht nur Transparenz, sondern auch eine solide Datenbasis, auf der KI-gestützte Empfehlungen präzise und kontextbezogen erfolgen können. In diesem Umfeld wird KI nicht zum Blackbox-Helfer, sondern zum nachvollziehbaren Co-Piloten. 

Die visuelle Modellierung vereinfacht die Zusammenarbeit zwischen Entwickler und KI, da auch KI-generierte Bausteine leicht nachvollziehbar (überprüfbar) und anpassbar bleiben. Das schafft ideale Bedingungen für KI-gestützte Entwicklung, die transparent, kontextsensitiv und jederzeit anpassbar ist.In Mendix ist diese Form der Assistenz vollständig in die Plattform integriert: Maia, kurz für Mendix AI Assistant, begleitet den gesamten Entwicklungsprozess mit intelligenten Vorschlägen, die sich nahtlos in den visuellen Workflow einfügen. Ein zentrales Feature ist der „Maia Logic Recommender“, der bei der Modellierung von Geschäftslogik automatisch passende Aktionen, Bedingungen oder Folgeprozesse vorschlägt (Bild 1).

Maia Logic Recommender (Bild 1)

Maia Logic Recommender (Bild 1)

© Autoren

Das System greift dabei auf einen umfangreichen Trainingskorpus von über zwölf Millionen Beispielen zurück und liefert mit hoher Präzision (95 Prozent Genauigkeit) Vorschläge, die direkt umgesetzt oder angepasst werden können.

Ebenso hilfreich ist der „Maia Best Practice Recommender“, der automatisch Anti-Patterns erkennt und Hinweise zur Verbesserung von Performance, Sicherheit und Wartbarkeit gibt. Solche Empfehlungen helfen nicht nur Einsteigern, sich schnell in Projekte einzuarbeiten, sondern unterstützen auch erfahrene Entwickler dabei, qualitativ hochwertige Anwendungen effizient umzusetzen. Die KI fungiert so als Qualitätsinstanz im Hintergrund – jederzeit aktiv, aber nie aufdringlich.

Neben dieser assistierenden Unterstützung bietet Maia auch eine Reihe generativer KI-Funktionen, die klassische Bottlenecks im Entwicklungsprozess auflösen:

Der „Domain Model Generator“ übersetzt Anforderungen in natürlicher Sprache automatisch in ein strukturiertes Datenmodell. Aus einfachen Beschreibungstexten erzeugt Maia passende Entitäten, Attribute und Beziehungen, die direkt in das Applikationsmodell übernommen werden können. Das beschleunigt nicht nur die initiale Modellierungsphase erheblich, sondern schafft auch eine effektive Verbindung zwischen fachlicher Beschreibung und technischer Umsetzung.

Der „Page Generator“ ermöglicht die Erstellung ganzer UI-Seiten auf Basis von Textanweisungen oder einfachen Skizzen. Layout, Komponenten und Navigation werden automatisch vorgeschlagen und können anschließend weiter verfeinert werden. Das erleichtert vor allem das Prototyping und verkürzt Iterationszyklen. 

Der „Translation Generator“ automatisiert die Übersetzung von Benutzeroberflächen in verschiedene Sprachen. Besonders bei internationalen Anwendungen sorgt das für erhebliche Zeitersparnis und konsistente Übersetzungen, ohne externe Tools oder manuelle Pflege.

Im Ergebnis entsteht eine moderne Entwicklungsumgebung, die Mensch und Maschine intelligent verbindet. Low Code schafft die methodische Grundlage, KI liefert die operative Beschleunigung. Mendix führt beides zusammen und ermöglicht so einen Ansatz, bei dem Produktivität und Qualität gleichermaßen profitieren. Maia fungiert also nicht als Zusatzfunktion, sondern als integraler Bestandteil der Plattform.

 

Anwendungen mit integrierter KI (AI-augmented Apps)

Low-Code-Plattformen ermöglichen nicht nur eine schnellere KI-gestützte Entwicklung, sondern auch die einfache Umsetzung intelligenter Anwendungen. Statt sich mit komplexen Machine-Learning-Setups inklusive Datenaufbereitung, Modelltraining und Infrastruktur beschäftigen zu müssen, können Entwickler auf visuelle, vorkonfigurierte KI-Modelle zurückgreifen und diese direkt in die Logik und Benutzeroberfläche ihrer Apps einbinden. Der Low-Code-Ansatz senkt dabei die technische Einstiegshürde für KI-Anwendungen drastisch. Statt komplexer Modellintegration und API-Handhabung treten visuelle Konfiguration, modulare Bausteine und Wiederverwendbarkeit in den Vordergrund. Das erlaubt es Fachanwendern und IT-Teams, gemeinsam KI-Funktionalität in Geschäftsprozesse zu bringen, ohne Deep-Learning-Know-how, aber mit voller Kontrolle über das Anwendungsverhalten, die Datenintegrität und die Applikationssicherheit.

Maia stellt dafür eine Vielzahl von Komponenten bereit, mit denen KI-Funktionalität direkt eingebunden werden kann. Über den Mendix Marketplace lassen sich vorgefertigte, frei verfügbare Konnektoren zu führenden KI-Plattformen wie OpenAI, AWS Bedrock, Snowflake Cortex oder Azure Cognitive Services per Drag and Drop integrieren. Diese Konnektoren abstrahieren komplexe REST- oder GraphQL-APIs und ermöglichen eine schnelle Anbindung von Modellen zum Beispiel für Texterkennung, Bilderkennung, Klassifikation oder Sprachverarbeitung – direkt in der visuellen Entwicklungsumgebung.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe vorgefertigter UI-Komponenten, die den Einstieg in KI-gestützte Interaktionen besonders einfach machen, etwa für Prompt Management oder konfigurierbare Chatbot-Agents. Diese Bausteine lassen sich ebenfalls per Drag and -Drop in die Anwendung integrieren, flexibel anpassen und nahtlos mit der bestehenden Geschäftslogik verknüpfen. So können sich Entwickler ganz auf die Gestaltung des Nutzererlebnisses konzentrieren, während die Komplexität der KI-Interaktion elegant im Hintergrund bleibt.

Für den schnellen Einstieg werden zusätzlich AI Starter Apps frei verfügbar auf dem Marketplace angeboten. Dies sind sofort einsetzbare, vorgefertigte Anwendungen für typische KI-Szenarien, zum Beispiel ein AI Agent Builder, eine Support Assistant App oder ein RFP Assistant. Diese Templates beinhalten eine funktionierende App-Struktur, eine Benutzeroberfläche, vorintegrierte KI-Anbindungen und Beispielinhalte. Teams können direkt loslegen, prototypisch arbeiten und das Verhalten im echten Use Case testen. Das Low-Code-Framework sorgt dafür, dass KI verständlich modelliert und nahtlos integriert wird und zudem schnell einsatzbereit ist. So wird aus komplexer Technologie ein direkt anwendbares Werkzeug für intelligente Anwendungen.

Maia im Einsatz: So läuft KI-gestützte Entwicklung heute

Nach dem Blick auf die technischen Grundlagen und Möglichkeiten wird es nun konkret. Wie sieht der Einsatz in der Praxis aus, wenn KI nicht nur unterstützt, sondern aktiv zur Entwicklung und Steuerung von Anwendungen beiträgt?

Besonders deutlich wird das in zwei Bereichen. Zum einen bei der Erstellung vollständiger Anwendungen mit Unterstützung durch Maia, bei der aus Anforderungen in kürzester Zeit lauffähige Apps, inklusive Datenmodell, Benutzeroberfläche und Geschäftslogik, werden. Zum anderen zeigt sich das Potenzial bei der Automatisierung ganzer Geschäftsprozesse durch intelligente Agenten, die eigenständig Entscheidungen treffen, Aufgaben ausführen und Abläufe steuern.

 

Anforderungen zur fertigen App mit Maia

Schauen wir uns zunächst den integrierten KI-Assistent an, der den Entwicklungsprozess entscheidend beschleunigt und vereinfacht. Das Beispiel einer Inventarverwaltungs-App soll zeigen, wie einfach und effizient die Erstellung einer Anwendung mit KI-Unterstützung gelingen kann. 

Ziel ist es, eine Anwendung zu entwickeln, die das Inventar eines großen Fahrradherstellers effizient verwalten kann. Die App soll einzelne Produkte inklusive ihrer zugehörigen Bauteile strukturiert erfassen, pflegen und lückenlos nachverfolgen. Hierzu muss zunächst ein neues Projekt über Start with Maia erstellt werden. Dabei erfolgt eine kurze Beschreibung des Vorhabens sowie das Hochladen eines Requirements-Dokuments, das die gewünschten Funktionen und Anforderungen enthält. Maia verarbeitet die Eingaben automatisch und erstellt eigenständig ein vollständiges initiales Datenmodell, generiert passende Anwendungsseiten, die Logik für CRUD-Operationen sowie Testdaten (Bild 2).

Maia Domain Model Generator (Bild 2)
Maia Domain Model Generator (Bild 2) © Autoren

Stellt der Entwickler bei der Überprüfung des von Maia generierten Datenmodells fest, dass beispielsweise eine Verknüpfung zwischen Produkten und Lagerorten fehlt, kann er das Modell direkt über den Maia Chat im gewohnten Stil generativer Chatbots anpassen. So lässt sich etwa eine neue Entität Location per Texteingabe erstellen und automatisch mit den Produkten verknüpfen. Maia erkennt dabei den Kontext, integriert die Entität nahtlos in die bestehende Datenstruktur und schlägt passende Attribute vor. Der Entwickler behält während des gesamten Prozesses der App-Erstellung jederzeit die Kontrolle über das Modell und kann es iterativ weiter verfeinern.

Zur weiteren Anpassung der Benutzeroberfläche wird auf den „Maia Page Generator“ zurückgegriffen (Bild 3). Nach dem Hochladen einer Low-Fidelity-Zeichnung der gewünschten Produktdetailseite analysiert Maia diese automatisch, identifiziert benötigte Bausteine und ordnet sie dem bestehenden Datenmodell zu.

Maia Page Generator (Bild 3)

Maia Page Generator (Bild 3)

© Autoren

Innerhalb kürzester Zeit entsteht so eine funktionsfähige und auf die Anforderungen abgestimmte Applikation. KI-gestützte Low-Code-Plattformen ermöglichen eine deutliche Beschleunigung des Entwicklungsprozesses, sparen Ressourcen und erlauben eine stärkere Konzentration auf „strategische“ Aufgaben in der Applikationsentwicklung.

 

Effiziente Koordination von Multi-Agenten-Systemen 

Im nächsten Schritt soll die bestehende Anwendung mit KI-Funktionalitäten erweitert werden. Dabei wird bereits heute häufig auf Chatbots mit generativer KI zurückgegriffen, um digitale Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten, wie zum Beispiel die Kundenbetreuung, interne Recherche oder Self-Service-Assistenten. Doch echte Effizienzsteigerung beginnt dort, wo KI nicht mehr rein auf Konversationen beschränkt ist, sondern aktiv Aufgaben übernimmt, Entscheidungen trifft und Prozesse autonom steuert: Stichwort agentenbasierte KI (siehe auch Kasten „Was steckt hinter agentenbasierter KI?“).

 


Was steckt hinter agentenbasierter KI?

Im Gegensatz zur generativen KI, die meist reaktiv auf Benutzereingaben antwortet, ist agentenbasierte KI eine zielgerichtete, proaktive und autonome Form künstlicher Intelligenz. Solche Agenten sind kontextfähig, verfolgen ein konkretes Ziel und können, im Rahmen definierter Grenzen, eigenständig auf relevante Daten und Tools zugreifen. Während ein klassischer Chatbot Informationen liefert, kann ein AI-Agent autark über verschiedene Systeme hinweg Aktionen ausführen, Entscheidungen treffen und Aufgaben erledigen.


 

Konkret soll die bestehende Inventarverwaltungs-App mit agentenbasierter KI erweitert werden, um Geschäftsprozesse zu automatisieren. Dabei soll ein KI-basierter Workflow entstehen, der eingehende Kundenanfragen, wie Bestellungen, Rücksendungen oder Garantieansprüche, klassifiziert, verarbeitet und zielgerichtet weiterleitet. Das Ziel ist eine autonome und zugleich transparente Steuerung der Prozesse.

Im Detail sieht der Workflow wie folgt aus: Eingehende Kundenanfragen werden automatisch in die Kategorien „Garantieansprüche“, „Rücksendungen“ und „Bestellungen“ klassifiziert. Im Fall einer Bestellung prüft das System zunächst, ob das angefragte Produkt bekannt ist. Falls ja, wird im nächsten Schritt ermittelt, ob zur Bearbeitung noch Rückfragen erforderlich sind. Liegen alle notwendigen Informationen bereits vor, wird das Produkt direkt bestellt. Fehlen hingegen entscheidende Angaben, soll eine E-Mail an den Kunden versendet werden, um die benötigten Informationen einzuholen. Nach erfolgreicher Rückmeldung erfolgt die Bestellung des Produkts.

Dieser Prozess soll nun durch agentenbasierte KI automatisiert werden. „Maia for Workflow“ unterstützt dabei die Digitalisierung bestehender BPMN-Prozesse. Dazu muss lediglich ein BPMN-Diagramm als XML-Datei oder Bild hochgeladen werden, und Maia generiert daraufhin automatisch die benötigten Komponenten. Anschließend kann der Geschäftsprozess mit dem visuellen Workflow-Editor weiter angepasst und verfeinert werden.Die erste Klassifikation der Kundenanfrage, also ob es sich um einen Garantieanspruch, eine Rücksendung oder eine Bestellung handelt, wird bereits von einem KI-Agenten übernommen. Im nächsten Schritt soll ein weiterer Agent entwickelt werden, der prüft, ob es sich um eine Bestellung handelt, das angefragte Produkt bekannt ist und weitere Rückfragen notwendig sind (Bild 4).

Für die Entwicklung von KI-Agenten bietet Mendix den „Agent Builder“, mit dem diese individuell konfiguriert und getestet werden können (Bild 5). 

Workflow zur Klassifizierung von Kundenanfragen (Bild 4)

Workflow zur Klassifizierung von Kundenanfragen (Bild 4)

© Autoren
Agent Builder (Bild 5)Agent Builder (Bild 5)

Agent Builder (Bild 5)

© Autoren

Im System Prompt wird die primäre Zielsetzung des betreffenden KI-Agenten definiert. Zusätzlich kann er mit spezifischen Aktionen (Tools) ausgestattet werden, um seine Aufgabe zuverlässig zu erfüllen. In diesem Fall handelt es sich um Microflows, die auf Basis der Kundenanfrage Datenbankabfragen durchführen und Informationen klassifizieren (siehe auch Kasten „Microflows“). 

 


Microflows

Ein Microflow ist die visuelle Darstellung der benutzerdefinierten Logik in Mendix. Er kann Aktionen wie das Erstellen und Aktualisieren von Objekten, das Anzeigen von Seiten oder das Treffen von Entscheidungen ausführen. Microflows bilden die Grundlage für serverseitige Logik und bilden ab, was traditionell in textuellem Code beschrieben wird.


 

So erhält der Agent die notwendigen Daten, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Welche Werkzeuge genutzt und in welcher Reihenfolge sie eingesetzt werden, entscheidet der Agent selbst. Diese Entscheidungen basieren auf dem Inhalt der Kundenanfrage und dem definierten Ziel. Über den Agent Builder können zusätzlich passende Wissensdatenbanken (Knowledge Bases) sowie das zugrunde liegende KI-Modell ausgewählt werden. Die gesamte Logik lässt sich direkt in Mendix Studio Pro mit Testszenarien überprüfen. So ist sichergestellt, dass der Agent vor dem produktiven Einsatz konsistent und nachvollziehbar arbeitet. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Agent seine Entscheidungen nicht nur trifft, sondern auch begründet. Dabei wird transparent dargestellt, welche Datenquellen und Werkzeuge verwendet wurden. Diese Nachvollziehbarkeit schafft Vertrauen und ist ein wesentlicher Faktor für Governance und Qualitätssicherung im Einsatz von künstlicher Intelligenz.

Sind nun für die Bearbeitung einer Kundenanfrage weitere Informationen erforderlich, soll der Kunde per E-Mail kontaktiert werden. Auch dieser Schritt soll von einem KI-Agenten übernommen werden. Neben selbst entwickelten Agenten hat der Entwickler die Möglichkeit, über das „Mendix Agent Kit“ bereits vordefinierte, agentenbasierte Workflows in einen bestehenden Prozess zu integrieren. Die Mendix-Agentenbibliothek bietet dazu eine Auswahl typischer Anwendung(sszenari)en (Bild 6).

Agent Library (Bild 6)

Agent Library (Bild 6)

© Autoren

Die von der Plattform unterstützten Agenten sind vollständig konfigurierbar und decken typische agentenbasierte Aufgaben ab, wie etwa Klassifikation, Zusammenfassung oder die Verarbeitung von Dokumentenanfragen. Dazu gehört unter anderem ein Agent, der den Entwickler beim Verfassen von E-Mails unterstützt. Dabei unterstützt künstliche Intelligenz den Prozess im Hintergrund; so hat der Anwender die Möglichkeit, in den Prozess einzugreifen, um Ergebnisse zu überprüfen, anzupassen und freizugeben (Human-in-the-Loop). 

Mit diesem Schritt ist die agentenbasierte Erweiterung unserer Inventar-App abgeschlossen. Diese Form der Multi-Agent-Orchestrierung erlaubt es, ganze Prozessketten intelligent zu automatisieren, wobei die Kontrolle stets beim Anwender bleibt; Entscheidungen der KI können nachvollzogen, überprüft und bei Bedarf angepasst werden.

Maia for Workflow, Agent Builder und die Agentenbibliothek ermöglichen Entwicklern, Prozesse schnell mit agentenbasierten Workflows zu automatisieren. Dabei sind Themen wie Transparenz, Qualität, Governance und agile Weiterentwicklung bereits integraler Bestandteil der Plattform.

Tipps und Best Practices für Entwickler

Damit KI-gestützte Anwendungen nicht nur funktionieren, sondern echten Mehrwert liefern, braucht es ein bewusstes Vorgehen. Von der Auswahl des richtigen Anwendungsfalls bis hin zur strukturierten Umsetzung sind einige Grundregeln entscheidend, auf die wir nachfolgend kurz eingehen möchten.

 

Richtiger Use Case

KI bietet beeindruckende Fähigkeiten, ist jedoch nicht für alle Aufgaben geeignet. Besonders gut funktioniert sie bei Mustererkennung, Automatisierung und Vorhersagen. Wenn es dagegen um ethische Fragen oder tiefgehendes menschliches Verständnis geht, stößt KI schnell an ihre Grenzen. So hat sich beim Kunden beispielsweise ein KI-Assistent bewährt, der bei der Lösung von Kundenbeschwerden und Produktionsproblemen unterstützt, indem er verschiedene Datenquellen konsolidiert und auf Basis historischer Fälle Lösungsvorschläge ableitet. Für Entwickler bedeutet das konkret, mit einem kleinen Projekt zu beginnen, bei dem die Ergebnisse durch den Entwickler überprüfbar und eindeutig messbar sind. Am besten eignen sich hier Anwendungsfälle, die Routinen automatisieren, sich auf risikoarme Aufgaben beziehen und kein komplexes Urteilsvermögen erfordern.

 

Entkoppelte Agenten

Bei der Orchestrierung von Multi-Agenten-Systemen hat sich zudem ein vorgelagerter Routing-Agent in Kombination mit spezialisierten Agenten als effektiv erwiesen. Der Routing-Agent entscheidet basierend auf dem Nutzer-Input, welcher spezialisierte Agent die Anfrage bearbeiten soll. Diese übernehmen dabei jeweils eine konkrete Teilaufgabe. Dieses Architekturprinzip reduziert die Komplexität, da die spezialisierten Agenten entkoppelt agieren und so gezielt weiterentwickelt oder ausgetauscht werden können, ohne das Gesamtsystem zu beeinträchtigen.

 

Schnelle Iterationszyklen

Besonders bei KI-Projekten ist es empfehlenswert, zunächst mit einem klar definierten Prototyp zu beginnen. Low-Code-Entwicklungsplattformen ermöglichen es, schnell funktionierende Ergebnisse mit geringem Aufwand zu erstellen. Statt viel Zeit und Ressourcen in umfangreiche Vorarbeiten zu stecken, lassen sich erste Versionen sofort testen, verbessern und schrittweise ausbauen. Dieser iterative Ansatz hilft, Fehler früh zu erkennen und flexibel zu reagieren, und er erhöht deutlich die Chancen für ein erfolgreiches Projekt.

 

Kontinuierliche Validierung

KI-Komponenten reagieren nicht immer gleich, denn ihre Ergebnisse hängen stark von Eingabedaten, Kontext und Trainingsgrundlage ab. Entwickler sollten deshalb kontinuierlich überwachen, wie sich die KI im laufenden Betrieb verhält. Low-Code-Plattformen erleichtern das durch eingebaute Analyse- und Monitoring-Tools, die eine fortlaufende Beobachtung ermöglichen. Konkret bedeutet das, das eingesetzte KI-Modell zu validieren und mit alternativen Modellen zu vergleichen. Maia ist dabei Vendor-agnostisch und bietet im Agent Builder die Möglichkeit, per Drop-down das eingesetzte Modell zu wechseln und die Ergebnisse direkt zu testen. So lässt sich die Qualität kontinuierlich sichern und das Vertrauen der Anwender nachhaltig stärken.

 

Transparenz

Wenn KI Entscheidungen trifft, ist Transparenz entscheidend, um Vertrauen bei den Nutzern aufzubauen. Entwickler sollten deshalb unbedingt darauf achten, dass die Entscheidungswege nachvollziehbar gestaltet sind. Logging und Monitoring, wie im oben genannten Agent-Beispiel, helfen dabei, die einzelnen Schritte sichtbar zu machen. Dabei geht es einerseits um die fachliche Transparenz der eingesetzten Tools und Wissensquellen des Agenten für den Nutzer, damit sie die Entscheidungen der KI nachvollziehen können, andererseits um Kosten- und Nutzungstransparenz für das Management, um Faktoren wie Ressourcen, Ausgaben und Return on Investment im Blick zu behalten.

 

Datenschutz und Sicherheit

KI-Projekte sollten von Anfang an klare Richtlinien für Datenverwendung, Zugriffsrechte und Systemverhalten berücksichtigen. Die Maia-Plattform unterstützt dies mit rollenbasierten Berechtigungen, zentralem Deployment und Audit-Funktionen. Eine saubere Governance-Struktur schützt vor späteren Risiken und schafft Vertrauen bei Anwendern und Stakeholdern.

Fazit

Künstliche Intelligenz verändert rasant sowohl die Art und Weise, wie Software entwickelt wird, als auch die Art der Software selbst. Der Entwicklungsprozess wird schneller, assistiert und zunehmend automatisiert. Low-Code-Plattformen spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie abstrahieren technische Komplexität und senken so die Eintrittsbarriere für den Einsatz von KI. Die visuelle Modellierung ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit zwischen Entwicklern und KI im Entwicklungsprozess. Dabei stellt sich oft die Frage, ob Entwickler durch KI ersetzt werden könnten. Die Antwort lautet ganz klar: Nein! KI kann zwar funktional korrekte Anwendungen erzeugen, aber das Ziel, die Fachlogik und den Nutzen einer Lösung zu verstehen und richtig umzusetzen, ist und bleibt Aufgabe des Entwicklers. Die Rolle des Entwicklers wandelt sich jedoch: Anstelle rein technischer Umsetzung rückt die konzeptionelle Gestaltung in den Vordergrund. Entwickler definieren Ziele, prüfen Ergebnisse, bewerten Risiken und sichern Qualität. 

Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass agentenbasierte KI weiter an Bedeutung gewinnt. Entscheidend für ihre breite Nutzung sind offene Standards wie das Model Context Protocol (MCP), das die Grundlage für Standardisierung und Skalierbarkeit von KI-Lösungen legt. In der Verbindung von Low Code, integrierter KI und standardisierten Schnittstellen wie MCP liegt das Potenzial für die nächste Generation von Unternehmenssoftware.

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