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Lesedauer 7 Min.

Welcher Erlös darf es sein?

Geld (allein) macht nicht glücklich, heißt es oft. Doch was ist es, das am Ende zählt?
© dotnetpro
Wir sind zu oft im operativen Geschäft gefangen, und da bleibt wenig Zeit und Muße, sich zu fragen, welchen Zweck unser Aktionismus in Summe denn habe. Wir wollen weiterkommen, Erfolg haben, Geld verdienen, das Projekt abschließen und so weiter. Die Gedanken drehen sich in der Regel um das Naheliegende. Um dann am Ende – was? Das hohe Monatsgehalt, die erfolgreiche Fortbildung oder die saubere Wohnung sind ja kein Selbstzweck, sie sollen Hilfsmittel sein für ein größeres Ziel: Glücklich sein?Wenn es uns also letzten Endes um unser Glück geht, warum beschäftigen wir uns nicht viel intensiver mit der Frage, wie wir nachhaltig glücklich sein können? Quasi hauptberuflich. Wir belohnen uns stattdessen mit den kleinen Dopamin-Kicks, die auf dem Weg liegen, und verlieren uns ansonsten in Alltäglichem.Vielleicht werden Sie jetzt einwenden, dass zuerst einmal die lebenswichtigen Bedürfnisse wie Essen und Unterkunft ­gestillt sein wollen, bevor man sich an Luxusprobleme wie Glück und Zufriedenheit machen kann. Was letzten Endes bedeuten würde, dass für ein Großteil der Menschheit das Glück eine unerreichbare Sache wäre. Wirklich?Wahrscheinlich haben Sie dabei die Bedürfnispyramide vor Augen, in der unten die physiologischen Bedürfnisse wie Nahrung, Sauerstoff und Sauberkeit stehen, gefolgt von Sicherheitsaspekten wie Schutz vor Kälte, kontinuierliches Einkommen und so weiter. Dann erst kommen sozialer Zusammenhalt oder Einbindung unseres Seins in eine Gemeinschaft. Und ganz oben steht dann das Glück.Diese Bedürfnispyramide hat der US-Amerikaner Abraham Maslow in den 1940er-Jahren aufgestellt. Genauer gesagt gar nicht er selbst, andere haben seine Arbeiten auf diese Weise interpretiert. Letzten Endes ist sie in die Geschichte eingegangen als Maslowsche Bedürfnispyramide, und sie wirkt sehr statisch [1], entgegen dem Anliegen Maslows, der einen dynamischeren Ansatz vertrat.Diese ­hierarchische Sicht, dieses „zuerst das Materielle, dann der Rest“, prägte indes lange Zeit unsere konsumorientierte Gesellschaft und passte perfekt in unser westlich kapitalistisches Weltbild.Aber stimmt das alles so? Es gibt ja Menschen, die für Gerechtigkeit in den Hungerstreik gehen oder Künstler, die ­lieber an ihrem Werk weiterarbeiten, statt in eine sichere Anstellung zu wechseln. Viele Menschen schätzen Freiheit höher ein als ihr eigenes Leben oder sind bereit, für eine Liebe ihres Lebens auf vieles zu verzichten.Für uns selbst stellt sich da doch die Frage: Was wären wir alles bereit aufzugeben, wenn wir dafür glücklich sein könnten? Und ist das Glück erst eine Frage, die sich stellen sollte, wenn wir die nächste Lohnerhöhung hinter uns haben? Ich glaube nein, und deshalb möchte ich hier davon sprechen. Vom Glück. Was bedeutet Glück?Für mich ist Glück kein Gefühl. Es ist auch nicht etwas, das mir einfach passiert, wenn ich „Glück habe“. Der Begriff „Glück“ umschreibt einen Zustand, in dem man aufgrund seines Verhaltens und seiner Einstellung in Einklang lebt mit sich, den Menschen in seinem Umfeld und dem, was man Umwelt nennt.Ich will versuchen, hier eine kleine Handreichung zum Glücklichsein zu geben. Statt uns in Definitionen zu verlieren, wollen wir uns anschauen, was Menschen nach eigenen Angaben glücklich macht. Wissenschaftlich fundiert. Einverstanden mit diesem Ansatz?

Vom Glücklichsein

Es gibt eine ganze Wissenschaft um das Thema Glück, die auf empirischen Daten beruht. Hier sei exemplarisch Arthur Brooks erwähnt, nicht zuletzt, weil er es auch schafft, mich persönlich anzusprechen und zu berühren. Brooks ist US-Sozialwissenschaftler, Bestseller-Autor und Harvard-Professor und gilt als Vordenker der Glücksforschung.In seiner Arbeit kommt er zu dem Schluss, die Fähigkeit zum Glück sei zu 50 Prozent durch unsere Gene bestimmt, zu 25 Prozent durch die äußeren Umstände und zu 25 Prozent durch unsere innere Haltung oder unsere Gewohnheiten. Dabei ist die Disposition durch die Gene für ihn kein Grund, sich aus der Verantwortung zu stehlen; denn wenn wir wissen, wie wir ticken, liegt es eben doch wieder in unserer Hand, damit richtig umzugehen. Glück – so die Message – ist zumindest zu einem großen Teil hausgemacht.Viele Daten und Studien zeigen zudem sehr klar, dass materieller Wohlstand allein keinen dauerhaften Glückszuwachs verspricht. Brooks spricht von der „hedonistischen Tretmühle“, nach der sich Menschen schnell an höhere Lebensstandards gewöhnen. Um nachhaltig Zufriedenheit zu finden, reicht Wohlstand nicht aus, es bedarf gelungener Beziehungen zu anderen Menschen. Dazu gehört Empathie, das Gefühl, für andere eine Verantwortung zu tragen, und gleichzeitig eine Wertschätzung seiner Arbeit durch andere zu erfahren.Das beginnt damit, die eigene Familie wertzuschätzen und in ihr den ersten Echoraum für das eigene Leben zu finden. Brooks weitet den Blick von der Familie auf Freundschaften und findet hier einen weiteren Trend zum Unglücklichsein: mehr virtuelle, weniger reale Freundschaften, mehr Zweckbündnisse und weniger Beziehungen, die keinem Nützlichkeitsaspekt gehorchen. Den dritten Kreis sieht er im Berufsleben. Wichtig für Glück sei hier, dass wir unsere Arbeit als einen geschätzten Beitrag verstehen dürfen und unser Einsatz dem Wohl unserer Kollegen und Kunden dient, nicht dem wirtschaftlichen Erfolg. Einsatz für andere und die Erfahrung, dass die eigene Arbeit zählt, sind die Schlüssel zu mehr Glück. Ein erfüllendes Leben hängt stark davon ab, ob man in seiner Arbeit oder seinen Tätigkeiten einen tieferen Sinn erkennt. Es geht nicht nur darum, Ziele zu erreichen, sondern sich mit einer Aufgabe identifizieren zu können.Für die Glücksforschung steht fest, dass es viel wichtiger ist, sich auf einen Weg zu verstehen, als das Ziel erreicht zu haben. Die Zielerreichung löst ein kurzfristiges Hoch aus – danach versinkt man in der Leere. Vielleicht kann man es so formulieren: Suchen Sie sich ambitionierte Ziele und freuen Sie sich, auf dem Weg dahin zu sein. Oder anders: Suchen Sie sich Ziele, deren Weg bereits ein Versprechen enthält.Als unsere Kinder noch klein waren, entwickelten wir eine tägliche Routine für das Zu-Bett-Bringen. Wir schauten zurück auf das, was uns alles den Tag über begegnet war, verbunden mit der Frage „Wofür möchten wir Danke sagen?“ Kinder haben, wenn man es freilegt, ein großes Bedürfnis, sich zu bedanken für das, was sie erlebt haben. Dankbarkeit kann ein gutes Orientierungskriterium sein für eine für Kinder noch ungeordnete Welt.Für unser eigenes Glück wird vielfach unterschätzt, wie bedeutsam es ist, Dankbarkeit bewusst zu üben und sich großzügig zu zeigen. Dankbarkeit für das Schöne und eine gewisse Resilienz gegenüber Rückschlägen sind Schlüsselfaktoren für mehr Glück. Im Grunde geht es darum, sich von den äußeren Umständen zu lösen und selbst zu entscheiden, welche Gefühle sie in uns auslösen. Die Fähigkeit, negative Ereignisse produktiv zu verarbeiten, spielt eine entscheidende Rolle auf dem Weg, sich von rein äußerlichen Indikatoren für Erfolg (wie Status oder Einkommen) zu lösen und stattdessen auf das zu schauen, was langfristig Zufriedenheit stiftet (Beziehungen, Gesundheit oder geistiges Wachstum).Lassen Sie uns das bisher Gesagte noch einmal runterbrechen auf ein paar Tipps:
  • Suchen Sie sich einen Raum, in dem Sie jeden Tag bewusst Dinge notieren oder aussprechen, für die Sie dankbar sind – selbst an stressigen Tagen. Und glauben Sie daran, mit den Rückschlägen und Schwierigkeiten klarzukommen.
  • Nehmen Sie sich Zeit für echte Begegnungen, und seien es nur kurze Momente der Nähe und Offenheit. Begegnungen, die davon leben, dass man nichts erreichen will, nur Anteil nehmen. Als ich Vater geworden war, habe ich mich hin und wieder nur still in das Zimmer des Kindes gesetzt. Gewartet, bis eine Reaktion kam. Und sie kam immer. An solche Momente erinnere ich mich gerne.
  • Setzen Sie sich ein für andere, ohne unmittelbar dafür entlohnt zu werden. Das gibt tieferen Lebenssinn und steigert das Selbstwertgefühl.
In der Arbeitswelt wird uns antrainiert, unsere Zeit effektiv zu nutzen, also das Maximale an Erlös rauszuholen. Irgendwo steckt tief der Drang in uns, uns selbst zu beweisen, unser Existenzrecht durch harte Arbeit und Einsatz zu rechtfertigen. Mir hilft es, mir immer wieder vorzusagen: Es ist gut und schön, dass du da bist, du musst das nicht rechtfertigen, du darfst einfach sein.Es kostet viel Zeit und Geduld, sich im Glücklichsein zu üben. Aber wir haben ja auch ein ganzes Leben dafür. Fokussieren wir uns auf das, was für uns am Ende wirklich zählt. Dauerhaftes Glück ist keine unerreichbare Utopie, es ist das Ergebnis konkreter, alltäglicher Entscheidungen. In diesem Sinne: Happy Coding.

Fussnoten

  1. Wikipedia, Maslowsche Bedürnishierarchie: Allgemeine Kritik, http://www.dotnetpro.de/SL2506-07Timeout1

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