Vertrauen ist gut – Kontrolle ist Pflicht: Christian Wenz über moderne Softwaresicherheit
Interview

Christian Wenz sitzt entspannt im Interviewstuhl auf der DWX, doch seine Worte haben Gewicht. Seit über zwei Jahrzehnten beschäftigt er sich mit Softwaresicherheit, und wer ihm zuhört, erkennt schnell: Hier spricht keiner, der sich in theoretischen Konstrukten verliert. Christian ist Pragmatiker – einer, der nicht nur Risiken benennt, sondern auch weiß, warum sie immer wiederkehren.
Und die Sicherheitslücken, die er in Web- und Cloud-Anwendungen sieht, ähneln sich seit Jahren. Was sich ändert, sind Frameworks, Tools, vielleicht auch die Sprache – nicht aber das Grundproblem. Und das, so Christian, heißt Vertrauen.
Vertrauen in Nutzereingaben. Vertrauen in externe APIs. Vertrauen in das eigene Framework. Vor allem aber: Vertrauen in die Illusion, dass Sicherheit sich durch Konvention einstellt, nicht durch aktive Gestaltung. Die meisten Schwachstellen, denen er in Projekten begegnet, lassen sich auf eines zurückführen – ein fehlendes Korrektiv für Annahmen, die nie hätten getroffen werden dürfen.
Sicherheitsdenken beginnt nicht im Debugger
„Security by Design“ ist längst Teil des Entwicklervokabulars, doch in der praktischen Umsetzung bleibt es oft Wunschdenken. Wenz kennt die Ursache: zu viel Fokus auf Technik, zu wenig Bewusstsein für Prozess und Verantwortung. Sicherheit lässt sich eben nicht nachrüsten wie ein Linter oder ein Logging-Modul. Sie muss von Beginn an mitgedacht werden – im Architekturentwurf, in der Datenflussanalyse, in der Entscheidung, ob eine bestimmte Schnittstelle überhaupt öffentlich sein sollte.
Und genau hier liegt das Dilemma: Es gibt keinen Masterplan, kein universelles Regelwerk, das jede Anwendung sicher macht. „Der eine Schuh, der allen passt – den gibt es nicht“, sagt Wenz. Wer nach einfachen Antworten sucht, wird in der Security enttäuscht. Was es braucht, ist Kontextsensibilität: das Wissen um Bedrohungen, die Bereitschaft, etablierte Muster zu hinterfragen – und die Fähigkeit, zwischen Vertrauen und Kontrolle zu unterscheiden.